Die größten börsennotierten Bauunternehmen

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Ein von vielen Börsenanlegern stark unterschätzter Wirtschaftszweig ist die Aktien Baubranche. Zu Unrecht, denn viele Bauunternehmen profitieren von aktuell vonstattengehenden gesellschaftspolitischen Entwicklungen. Zum einen befeuert der Trend zur Nachhaltigkeit Bauinvestitionen in Wohngebäude. Neben der (steuerlich geförderten) energetischen Gebäudesanierung betrifft dies auch Neubauten, deren Errichtung an ökologischen Maßstäben ausgerichtet wird. Das zurzeit noch günstige Zinsumfeld, was die Baufinanzierung generell attraktiv macht, und die weltweit steigenden Immobilienpreise sind weitere Nachfragetreiber. Zum anderen herrscht insbesondere in Metropolen ein akuter Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Bis der enorme Hunger an neuen Wohnimmobilien gestillt ist, werden unzweifelhaft noch viele Jahre vergehen. Auch zwecks Sanierung bzw. Modernisierung und Ausweitung der Straßen und Verkehrswege werden massive Investitionen getätigt. Man denke hierzu etwa an die vielen baufälligen Autobahnen samt Brücken in Nordrhein-Westfalen oder, einen Maßstab größer, das riesige Infrastrukturpaket von Präsident Joe Biden in den USA. Kurzum: Bauunternehmen sind Nutznießer der vielen öffentlichen und privaten Investitionen.

Viele börsennotierte Bauunternehmen sind aufgrund ihrer Konjunktursensibilität und der daraus folgenden zyklischen Natur der Erträge ausgesprochen günstig bewertet. Gerade für Value-Investoren macht sie das interessant. In der Regel weisen die Anteilsscheine von Baukonzernen niedrige zweistellige oder gar einstellige Kurs-Gewinn-Verhältnisse sowie Dividendenrendite von über drei Prozent auf. Die fünf am Umsatz gemessen größten Bauunternehmen stammen aus China. Da diese für Anleger hierzulande eher uninteressant sind, stellen wir Ihnen im Folgenden die drei größten Baukonzerne Europas vor. Außerdem porträtieren wir drei weitere Bauunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zunächst wollen wir aber kurz umreißen, womit Bauunternehmen ihr Geld verdienen.

Was machen Bauunternehmen eigentlich genau?

Auch wenn ihr Anteil an der volkswirtschaftlichen Gesamtwertschöpfung abnimmt, ist und bleibt die Bauwirtschaft ein relevanter Wirtschaftszweig. Laut Erhebungen aus dem Jahr 2020 hat das Baugewerbe immerhin 6,1 % zum deutschen Bruttoinlandsprodukt beigesteuert. Zudem waren 5,7 % aller hierzulande Erwerbstätigen in Bauunternehmen beschäftigt. Die insgesamt 387 Milliarden Euro an deutschlandweiten Bauinvestitionen waren wie folgt verteilt:

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  • 61,5 % Wohnungsbau,
  • 20,4 % Wirtschaftshochbau,
  • 7,9 % öffentlicher Tiefbau,
  • 6,0 % Wirtschaftstiefbau,
  • 4,2 % öffentlicher Hochbau.

Generell lassen sich Unternehmen der Bauwirtschaft anhand ihrer spezifischen Tätigkeiten in zwei Gruppen untergliedern, nämlich in das Bauhauptgewerbe und das Baunebengewerbe. Zu ersterem zählen folgende Tätigkeiten:

  • Arbeiten des Hochbaus, also Planung und Errichtung von Gebäuden über der Erdoberfläche. Dem Hochbau werden insbesondere Neubauten, Anbauten oder Umbauten von Wohn-, Büro- oder Verwaltungsgebäuden hinzugerechnet.
  • Arbeiten des Tiefbaus, also Planung und Errichtung von Bauwerken, die minimal über oder unter der Erdoberfläche liegen. Zum Tiefbau wird beispielsweise der Straßenbau, Tunnelbauten, Arbeiten an unterirdischen Leitungen und Versorgungsnetzen und der Spezialtiefbau hinzugezählt. Zur Erläuterung: Der Spezialtiefbau beschreibt Arbeiten, die Baugründe statisch und mechanisch verbessern oder sichern. Hierzu werden beispielsweise Schlitzwände errichtet (Betonierung von Stützwänden für Baugruben) oder Verfestigungsmaterial in den Baugrund injiziert.

Als davon abzugrenzendes Baunebengewerbe werden alle Arbeiten bezeichnet, die sich mit dem Ausbau von Rohbauten beschäftigen. Darunter fallen unter anderem die Tätigkeit der Trockenbauer, die Installation von Sanitär- oder Lüftungsanlagen sowie die Verlegung von Estrich oder Fliesen.

Vinci (Frankreich)

Der französische Konzern Vinci ist der, gemessen am Umsatz, größte nicht-chinesische Baukonzern der Welt. Wie kürzlich verkündet wurde, belief sich der Umsatz des Geschäftsjahres 2021 auf 49,98 Milliarden Euro, was einer Steigerungsrate von fast 14 % gegenüber dem stark durch die Corona-Pandemie geprägten Vorjahr 2020 bedeutet. Der Gewinn betrug 2,597 Milliarden Euro. Die Größe des Traditionsunternehmens (Gründungsjahr 1899) wird auch beim Blick auf andere Zahlen, Daten und Fakten deutlich: Über 217.000 Mitarbeiter arbeiten in mehr als 120 Ländern sowie 3.200 Tochterfirmen für den Konzern.

Die Geschäftsaktivitäten von Vinci lassen sich grob in die Sparten Konzessionen (Planung, Finanzierung, Bauherrenmanagement und Bewirtschaftung von Infrastruktur wie Autobahnen oder Flughäfen), Energie (unter anderem Planung, Errichtung und Wartung von Stromtrassen) und Bau (Errichtung von Infrastruktur) segmentieren. Die einzelnen Bereiche wirken dabei synergetisch – so kann beispielsweise eine Mautstraße zunächst durch die Abteilung Bau errichtet und anschließend durch die Sparte Konzessionen betrieben werden.

Seit der durch die Pleite von Lehman Brothers ausgelösten Finanzkrise im Jahre 2008 befindet sich die Aktie von Vinci in einem kontinuierlichen Aufwärtstrend mit kleineren Rücksetzern (wie etwa im März 2020). Folgende Kursrenditen konnten Aktionäre im Zeitverlauf erzielen:

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  • Auf zehn Jahre gesehen beträgt die Aktienkursrendite 160,8 % bzw. 10,1 % pro Jahr.
  • In den letzten fünf Jahren sind 46,9 % Kursrendite bzw. 8,0 % Rendite pro Jahr angefallen.
  • In den letzten drei Jahren waren es ebenfalls 8,0 % pro Jahr bzw. 25,9 % kumuliert.
  • Auf Sicht von einem Jahr betrugen die Kursgewinne starke 18,6 %.

Für das Geschäftsjahr 2022 liegt das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis laut Analystenschätzungen bei etwa 15 und die Dividendenrendite bei 3,50 %. Erwartet werden 57,75 Milliarden Euro Umsatz und ca. 3,8 Milliarden Euro Gewinn. Mit Boygues stammt übrigens auch das drittgrößte börsennotierte Bauunternehmen Europas aus Frankreich.

Grupo ACS (Spanien)

Die Grupo ACS (auch bekannt unter der Bezeichnung Actividades de Construcción y Servicios SA) ist ein spanisches Industriekonglomerat mit etwa 190.000 Mitarbeitern, welches 1983 gegründet wurde. Hierzulande wird ACS zum einen mit dem schillernden CEO Florentino Perez in Verbindung gebracht, der seit langer Zeit Präsident des Fußballclubs Real Madrid ist. Zum anderen wurde ACS der breiten Öffentlichkeit durch die feindliche Übernahme des deutschen Baukonzerns Hochtief in den Jahren 2007 bis 2011 bekannt. Aktuell hält man über 50 % der Stimmrechte am Essener Unternehmen. Im Jahr 2020 erzielte ACS knapp 35 Milliarden Euro an Umsatzerlösen, von denen 574 Millionen Euro an Gewinn übrigblieben.

Ebenso wie Vinci hat auch ACS drei verschiedene Geschäftsbereiche: Infrastruktur (unter anderem Konstruktion von Schnellstraßen, Gebäuden und Arbeiten an Minen zur Rohstoffförderung), Industrial Service (beispielsweise Konstruktions- und Wartungsarbeiten an Stromtrassen oder Funkmasten) und Services (hier sind die diversen Tätigkeiten der Tochterfirma Clece gebündelt).

An den Anteilsscheinen von ACS hatten Aktionäre in der Vergangenheit deutlich weniger Freude als bei Vinci. Weder auf Sicht von zehn, fünf noch von drei Jahren war die Kursrendite positiv. Auch auf Einjahressicht verlor die Aktie von ACS an Wert. Grund: Die Geschäftsaktivitäten wurden durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie stark getroffen, der Gewinn brach im Jahr 2020 um 40 % ein. Die wirtschaftliche Erholung läuft nur langsam wieder an, im dritten Quartal 2021 lag das EBIT nur um 12,5 % über dem des Vorjahres und somit immer noch deutlich unter den entsprechenden Werten vor der Pandemie. Dies spiegelt sich entsprechend im Aktienkursverlauf wider.

Hochtief (Deutschland)

Wenn über börsennotierte Bauunternehmen gesprochen wird, darf die Essener Hochtief AG als größter Vertreter Deutschlands nicht fehlen. Das 1873 gegründete Unternehmen beschäftigt aktuell rund 47.000 Mitarbeiter und konnte 2020 etwa 23 Milliarden Euro an Umsatzerlösen bei einem Gewinn nach Steuern von 427 Millionen Euro verbuchen.

Hochtief hat eine bewegte Geschichte, insbesondere in jüngerer Zeit durchlief der Baukonzern tiefgreifende Veränderungen. Wie bereits beschrieben, hält ACS heutzutage mehr als 50 % der Anteile an Hochtief. Der in den Jahren 2007 bis 2011 vonstattengegangene Übernahmeprozess war allerdings feindlicher Natur. Hochtief wehrte sich vehement gegen die Akquisition und versuchte beispielsweise durch die Ausgabe neuer Aktien ACS mürbe zu machen. Vergeblich. Im Zuge des Machtwechsels wurden große Teile bestehender Geschäftssparten, wie etwa Flughafenbeteiligungen oder die Facility-Management-Aktivitäten, veräußert. In diesem Zuge wurden in Deutschland insgesamt 1000 Arbeitsplätze gestrichen. Nunmehr konzentriert sich Hochtief auf seine Kernkompetenz in den Bereichen Bau und damit verbundenen Dienstleistungen. Man fokussiert sich vorwiegend auf die Abwicklung öffentlicher Aufträge über sogenannte Public-Private-Partnerships.

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Seit Jahren stagnierende Umsatzerlöse und schwankende Gewinne sorgen dafür, dass die Aktie von Hochtief Anteilseignern auf Sicht von zehn Jahren gerade einmal 2,5 % Kursrendite einbrachte. Für Value-Investoren interessant sein dürfte das fürs aktuelle Jahr erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10 sowie die prognostizierte Dividendenrendite von 6,13 %.

Strabag (Österreich)

Die Strabag SE ist mit fast 15 Milliarden Euro Umsatz und ca. 74.000 Mitarbeitern das größte börsennotierte Bauunternehmen Österreichs. Auch in Deutschland ist Strabag aktiv, unter anderem durch das 2016 übernommene Tochterunternehmen Ed. Züblin AG. Trotz seit Jahren nahezu gleichbleibender Umsätze schafft es Strabag, die Gewinne kontinuierlich zu steigern. Zum Vergleich: 2014 lag der Nachsteuergewinn bei 128 Millionen Euro. 2020 belief sich das Jahresergebnis bereits auf 395 Millionen Euro. Dies entspricht einer Steigerung von 208 %. Die starke Entwicklung der Fundamentalkennzahlen spiegelt sich vor allem bei Betrachtung der einjährigen Kursrendite mit einem Anstieg von rund 32 % wider. Im Gegensatz zu den vorgenannten Unternehmen ist Strabag kein Mischkonzern, sondern ein reines Bauunternehmen mit dem Schwerputen Straßen- und Tiefbau sowie Zementherstellung. Für 2022 liegt das erwartete KGV bei zehn, die mutmaßliche Dividendenrendite beläuft sich auf über vier Prozent.

Implenia (Schweiz)

Mit der auf Spezialtiefbau (Tunnelbau, Schlitzwände etc.) ausgerichteten Implenia AG stammt eines der größten Bauunternehmen Europas aus der Schweiz. Implenia hat ca. 8.500 Beschäftigte und erzielte 2020 einen Umsatz von 3,99 Mrd. CHF (entspricht beim aktuellen Wechselkurs etwa 3,82 Mrd. Euro) sowie einen Verlust von 134 Millionen CHF (128 Millionen Euro). Implenia legt bei seinen Tätigkeiten einen besonderen Fokus auf ein hohes ESG-Rating (ESG steht für Environment Social Governance, also eine auf Umwelt und Soziales ausgerichtete Unternehmensführung). Zu den bis 2025 gesetzten Zielen zählen unter anderem eine Verringerung der Arbeitsunfallrate um 50 %, eine Reduzierung der C02-Emissionen um 15 % und der verstärkte Einsatz nachhaltiger Rohstoffe beim Bauen. Aufgrund jahrelanger Probleme bei seinen internationalen Tätigkeiten hat Implenia 2020 angekündigt, seine Aktivitäten vollständig auf Deutschland und die Schweiz zu fokussieren. Die Umstrukturierung führte unter anderem zu Stellenkürzungen und Berichtigungen der Beteiligungswerte an Tochterunternehmen in Millionenhöhe. Die beschriebene Fehlentwicklung schlägt sich auch in einer für die Aktionäre enttäuschenden Aktienkursentwicklung nieder. Für 2022 werden immerhin wieder 65 Millionen Euro Gewinn (entspricht einem KGVe von 7,5) sowie eine Dividende von 0,20 CHF je Aktie erwartet (prognostizierte Dividendenrendite: 0,83 %).

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