So beeinflussen Lebensmittelkonzerne Deutschland

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Zwischen Januar 2022 und Januar 2023 sind Lebensmittel in Deutschland um 20,2 Prozent teurer geworden. In die Preissteigerungen spielen zahlreiche Faktoren mit ein, darunter gestiegene Energiekosten, der Arbeitskräftemangel und die schwierige internationale Lage. Einige Unternehmen nutzen die Inflation aber auch, um versteckte Preiserhöhungen durchzusetzen und ihre Gewinne zu steigern.

Bekannte Marken der deutschen Ernährungsindustrie

Die Kräfteverhältnisse im Lebensmittelhandel verteilen sich in Deutschland bereits seit mehreren Jahren recht konstant. Die größten Lebensmittelkonzerne in Deutschland sind Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe und der Discounter Aldi. Sie haben einen Marktanteil von über 75 Prozent. Die Konkurrenten Edeka, Rewe und die Schwarz-Gruppe sind gleich mit mehreren Vertriebslinien auf dem Markt tätig.

Unangefochtener deutscher Marktführer ist die Edeka-Gruppe. Im Jahr 2021 kam sie auf einen Nettoumsatz von etwa 57,7 Milliarden Euro und ist damit das erfolgreichste deutsche Lebensmittelunternehmen. Zur Unternehmensgruppe gehört neben den bekannten Edeka-Supermärkten auch die Vertriebslinie Netto Marken-Discount.

Übrigens: Auch im Lebensmittelhandel wachsen die Bedeutung und der Anteil des E-Commerce weiter an. So gehört die Plattform Amazon mit ihrem Lieferservice Amazon Fresh zu den umsatzstärksten Unternehmen im deutschen Lebensmittelhandel. Wertmäßig jedoch ist der Marktanteil des Online-Lebensmittelhandels als Aktien Branche in Deutschland noch vergleichsweise gering. Prognostiziert werden aber steigende Umsätze mit Lebensmitteln im E-Commerce.

Was sind die größten Lebensmittelkonzerne Deutschlands?

Mit großem Abstand belegt die Schweizer Firma Nestlé den ersten Platz unter den weltweit umsatzstärksten Nahrungsmittelunternehmen. Mit einer Börsenbewertung von 360 Milliarden US-Dollar im Mai 2022 ist Nestlé damit – aufgrund der derzeit steigenden Zinsen – das wertvollste Unternehmen Europas. Rund 273.000 Menschen arbeiten für den Konzern und produzieren Lebensmittel in 81 Ländern auf der ganzen Welt. Zu Nestlé zählen rund 2.000 Marken, darunter Nespresso, Nescafé, Kit Kat, Smarties, Vittel und Maggi zu seinem Markenportfolio.

Zweitgrößter Nahrungsmittelproduzent der Welt ist die US-amerikanische Firma Archer Daniels Midland. Trotz der Tatsache, dass dieser Name in Deutschland relativ unbekannt ist, zählt der Konzern mit seinen 270 Produktionsstätten und 420 Weiterverarbeitungszentren zu den weltweit größten verarbeitenden Betrieben von Agrarrohstoffen. Dazu gehören vor allem Getreide, Ölsaaten und Soja, die für die Herstellung von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden.

Umsatzbezogen zählt auch der singapurische Palmölriese Wilmar International zu den Top 3 der Lebensmittelindustrie. Die Firma ist der größte Agrarkonzern Asiens und weltgrößter Verarbeiter und Vertreiber von Palmöl und Laurinöl. In Malaysia und Indonesien betreibt Wilmar International zahlreiche Palmölplantagen. Im Jahr 2021 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz von rund 66 Milliarden US-Dollar.

Fleisch in der Industrie

Weltgrößter Fleischproduzent und viertgrößtes Nahrungsmittelunternehmen der Welt ist das brasilianische Unternehmen JBS S.A. Mit seinen 150 Fabriken und Schlachthöfen, in denen vor allem Rind, Huhn und Schweinefleisch verarbeitet werden, landet es noch vor dem US-amerikanischen Fleischverarbeiter Tyson Foods. Mit einem Umsatz von 65 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 nimmt JBS derzeit Platz 2 der umsatzstärksten Konzerne Brasiliens ein.

Eine 2021 erstellte Liste der weltweit größten Lebensmittelkonzerne sowie ihres Umsatzes pro Jahr:

  1. Nestlé 95,3 Mrd. €
  2. Archer Daniels Midland 85,3
  3. Wilmar International 65,8
  4. JBS 65,0
  5. Bunge 59,2
  6. Tyson Foods 49,5
  7. CJ Corporation 30,1
  8. Mondelez International 28,7
  9. Danone 28,7
  10. Kraft Heinz Company 26,0

Was sind die Ursachen für die aktuellen Preissteigerungen?

Viele große und kleine Faktoren sind für die veränderte Lage in der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft verantwortlich. So haben sich die Kosten für Energie, Dünge- und Futtermittel stark erhöht und auch der Mindestlohn und der allgemeine Arbeitskräftemangel machen den Betrieben zu schaffen und treiben die Personalkosten in die Höhe. So begann der erste Preisschub bei Nahrungsmitteln bereits Mitte 2021 und setzt sich bis heute weiter fort.

Betrachtet man die Zahlen zur Inflationsentwicklung und lässt dabei Energie und Nahrungsmittel außer acht, kann man ablesen, wie groß der Einfluss der Energie- und Nahrungsmittelpreise auf die Gesamtteuerungsrate ist. So hätte sich die Inflationsrate im Januar 2023 auf +5,6 Prozent belaufen und wäre damit deutlich niedriger gewesen als sie mit +8,7 Prozent tatsächlich war.

Das bedeutet, dass nicht alle Preissteigerungen transparent sind und sich auf gesteigerte Herstellungskosten zurückführen lassen. Zudem liegen die Preiserhöhungen bei Lebensmitteln seit April 2022 höher als die allgemeine Inflationsrate.

Wie reagieren Lebensmittelhersteller auf die Inflation?

Mit dem Begriff Inflation wird ein anhaltender allgemeiner Preisanstieg bezeichnet, durch den das Geld an Wert verliert. Dabei bestimmt man die Inflationsrate anhand eines Warenkorbs aus Produkten und Dienstleistungen, die von Privathaushalten typischerweise konsumiert werden. Dazu gehören beispielsweise Mehl und Marmelade, aber auch Bankgebühren, die Beiträge für die Haftpflichtversicherungen und Spielzeugartikel.

Zieht man die Daten des Statistischen Bundesamts zu Rate, sind Nahrungsmittel in Deutschland in den vergangenen Monaten deutlich teurer geworden. Die deutlichste Preissteigerung zeigte sich demnach im Dezember 2022, die Entwicklung setzt sich aber weiterhin fort und betrifft alle Arten Lebensmitteln.

Gut zu wissen: Im Vergleich mit anderen Lebenshaltungskosten sind die Lebensmittelpreise in den letzten 20 Jahren nur wenig angestiegen. So lag die Teuerung zwischen den Jahren 2000 und 2019 im Durchschnitt bei knapp unter 1,5 Prozent. Die Preissteigerungen zwischen Januar 2022 und Januar 2023 dagegen belaufen sich auf 20,2 Prozent.

Ursachen der Inflation

Als wichtige Treibe für die in höheren Lebensmittelpreise und damit die Inflationsrate werden der Krieg in der Ukraine und die in die Höhe geschossenen Energiepreise angeführt. Sie allein sind aber nicht verantwortlich für das Ausmaß der Preisanstiege, die für viele Menschen als wahrer Schock daherkommen. So sind auch Experten inzwischen der Auffassung, dass einige Unternehmen die Preisanstiege dazu nutzen, ihre Gewinne auszuweiten.

Die Lebensmittelbetriebe nutzen also die Inflation, um an der Preisschraube zu drehen. Neben der Lebensmittelindustrie gilt dies übrigens auch für die Gastronomie, den Handel und die Landwirtschaft. In all diesen Branchen gab es teils starke Preissteigerungen – stärker noch als es zu erwarten war. Die Daten amtlicher Statistiken zur Wirtschaftsleistung deuten darauf hin, dass einige Konzerne den Kostenschub als Vorwand nutzen, ihren Umsatz durch eine Erhöhung der Absatzpreise zu verbessern.

Auch die Verbraucherzentrale schließt sich diesem Urteil an. Laut ihr lassen sich einige Preissteigerungen durchaus durch den Krieg, die Energiekrise und stillstehende Produktionsstätten erklären. Viele Teuerungen sind aber auch durch die veränderten äußeren Umstände nicht nachvollziehbar. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb von Politik und Kartellamt einen kritischeren mit dem Handel und den Lebensmittelherstellern und deren Motiven für die Preissteigerungen.

Warum werden sowohl Markenprodukte als auch Eigenmarken teurer?

Ob Coca-Cola, Kellogs, Mars, Miracoli oder Milka – immer häufiger sind die Regalreihen mancher Markenprodukte in Supermärkten und Discountern leer gefegt. Der Grund ist, dass Hersteller und Händler in Streit über die Preiserhöhungen geraten. Hält der Handel die Preisforderungen der Herstellerunternehmen für überzogen, entfernt er diese (meist vorübergehend) aus seinem Sortiment.

Dieses Phänomen ist nicht neu und gab es auch schon vor Pandemie und Ukrainekrieg. So stritten sich beispielsweise Edeka und Nestlé zu Beginn des Jahres 2018 über Preissteigerungen für zahlreiche Produkte und Marken – zum Beispiel Wagner, Nescafé und Vittel. Auffällig ist, dass die Hersteller allesamt international aufgestellte Konzerne sind, die sehr gute Umsätze und Gewinne machen.

Zeitgleich ist es so, dass auch die Supermarkt- und Discounterketten ihre Preise erhöhen. Dies zeigt sich an den Preissteigerungen bei den Eigenmarken der Händler. Im Vergleich zu den Preisen einiger Markenprodukte steigen die der Handelsmarken nämlich noch stärker an.

Lebensmittelhandel oder -hersteller: Wer trägt die Verantwortung?

Tatsächlich ist ein Ende der Teuerungen zurzeit nicht in Sicht. Stattdessen muss man davon ausgehen, dass Lebensmittel noch teurer werden. Befragt man die deutschen Lebensmittelkonzerne und Supermarktketten zu der Entwicklung, weisen diese die Schuld größtenteils von sich. Stattdessen üben sie selbst Kritik und verweisen Verbraucher an die Lebensmittelhersteller.

So äußert die Rewe Group, dass sie allein in Deutschland für das erste Quartal 2023 im Segment der Markenartikel mit Preiserhöhungen in einer Höhe von über einer Milliarde Euro zu kämpfen hat. Die Industrie fordert also Preise, die die Händler eigentlich an die Verbraucher weitergeben müssten.

Nach eigener Aussage will Rewe die Preise aber nicht so stark erhöhen. Besonders negativ fallen einige US-Hersteller auf, die laut Rewe und Edeka zur gleichen Zeit ihre Gewinnmargen deutlich erhöht hätten. Die Händler wandten sich mit ihrer Kritik in einem offenen Brief an den Markenverband als Zusammenschluss der Markenhersteller. Dieser wies den Brief aber zurück.

Fazit

Die Lebensmittelpreise und die Inflationsrate steigen und weitere Preiserhöhungen sind wahrscheinlich. Verbraucher müssen daher damit rechnen, in Zukunft einen höheren Anteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel auszugeben. Dies macht vor allem Geringverdienenden, Arbeitslosen, Studierenden und Rentner zu schaffen und immer größeren Teilen der Bevölkerung droht Ernährungsarmut. Dass die Preise steigen, liegt aber nicht nur an den viel beschworenen Preistreibern Ukrainekrieg, Energiekosten und Arbeitskräftemangel. Sowohl Lebensmittelhersteller als auch -händler erhöhen die Kosten für Markenartikel und Eigenmarken stark – und nutzen die Inflation aus, um ihre Umsätze zu steigern.

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