Konjunktur einfach erklärt: Wirtschaft besser verstehen

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In den Wirtschaftsnachrichten geht es regelmäßig um den Begriff Konjunktur. Doch wie wird Konjunktur einfach erklärt? Vereinfacht gesagt, geht es um die gesamtwirtschaftliche Lage einer Volkswirtschaft und in welche Richtung sie sich in der nächsten Zeit entwickeln wird.

Was versteht man unter einer Konjunktur?

In der Theorie gibt es mehrere Konjunkturphasen (auch Konjunkturzyklen genannt), die sich immer wieder wiederholen. Allerdings gibt es in der Praxis immer wieder Konjunkturschwankungen. Welche Konjunkturphasen gibt es? Die vier Phasen der Konjunktur sind:

  1. Aufschwung (Expansion)
  2. Hochkonjunktur (Boom)
  3. Abschwung (Rezession)
  4. Tiefphase (Depression).

Die einzelnen Phasen kann man sich als Wellenbewegungen vorstellen. Während eines wirtschaftlichen Aufschwungs wächst das Bruttoinlandsprodukt und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen steigt. Zugleich geht die Arbeitslosigkeit zurück und die Menschen verdienen mehr. Befindet sich die Konjunktur im Aufschwung, steigen mit höherer Nachfrage auch die Preise. Dies geht mit einer steigenden Inflationsrate (auch Teuerungsrate genannt) einher. Steigende Preise senken den Wert des Gelds.
Der wirtschaftliche Abschwung wird auch als Rezession bezeichnet. Das Bruttoinlandsprodukt sinkt ebenso wie das Bedürfnis, neue Produkte zu kaufen. Unternehmen zeigen sich vorsichtiger bei Neueinstellungen oder streichen sogar Stellen. Dies kann zu einer höheren Arbeitslosigkeit führen. Auch die Investitionen gehen in dieser Phase des Konjunkturzyklus zurück. Auf der anderen Seite liegen die Zinsen auf hohem Niveau.
Ökonomen verfolgen und messen regelmäßig die konjunkturelle Entwicklung. Dafür nutzen sie den sogenannten Auslastungsgrad. Dieser gibt an, wie stark die Wirtschaft derzeit ausgelastet ist und wie viel aktuell produziert wurde. Letzteres wird ins Verhältnis zu dem gesetzt, was produziert werden könnte. Zudem wird zur Analyse der Situation und der wirtschaftlichen Aktivität die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes mit dem langfristigen Wachstumstrend verglichen.

Wie unterscheidet sich eine Hochkonjunktur von einer Tiefkonjunktur?

Wenn es der Wirtschaft eines Landes sehr gut geht, spricht man von einer Hochkonjunktur (auch als Boom bezeichnet). Die Kauflust befindet sich in dieser Konjunkturphase auf einem Höhepunkt und es herrscht Vollbeschäftigung. Allerdings ist schon jetzt abzusehen, dass es mit der Wirtschaft früher oder später wieder nach unten gehen wird.

Auf der Gegenseite steht die Tiefkonjunktur bzw. Depression. Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch und das Kaufinteresse geht deutlich zurück. Diese Konjunkturphase ist oft mit fallenden Preisen verbunden, was aber eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Wirtschaft wieder wächst. Nach der Depression geht der konjunkturelle Kreislauf wieder von vorne los.

In der Phase der Hochkonjunktur ist auch die Inflation sehr hoch. Sobald die Wirtschaft weniger gut läuft, bleibt die Inflation oft zunächst auf einem hohen Wert, sinkt dann aber langsam. Dies hat den Grund, dass sich Verbraucher und Unternehmen an diesem Punkt des Konjunkturzyklus immer weniger leisten können und ihr Geld weniger wert ist.

Wie kann der Staat Rezession und Depression entgegensteuern?

Seitens der Politik wird in der Regel mit passenden Maßnahmen auf konjunkturelle Schwankungen reagiert. Die übergeordneten Ziele sind dabei in der Regel

  • ein hoher Beschäftigungsgrad
  • ein stabiles Preisniveau
  • außenwirtschaftliches Gleichgewicht und
  • Wachstum der Wirtschaft.

Diese Ziele werden auch „magisches Viereck“ genannt. Dies geht auf das Stabilitätsgesetz aus dem Jahr 1967 zurück. Im Rahmen der Konjunkturpolitik kann die Regierung beispielsweise mit Steuerentlastungen oder Subventionen reagieren. Auf europäische Ebene kann die Europäische Zentralbank (EZB) unter anderem mit dem Zinsniveau und der Steuerung der Geldmenge eingreifen.

Oftmals werden komplexe Konjunkturpakete geschürt, um Verbrauchern und Firmen insbesondere in schwachen konjunkturellen Phasen zu helfen. Zudem geben führende Wirtschaftsinstitute wie das Institut der deutschen Wirtschaft regelmäßig Einschätzungen und Analysen heraus, auch zum erwarteten Wachstum der Wirtschaft. Einige Indikatoren wie der Geschäftsklimaindex des ifo-Instituts geben als Frühindikator einen Hinweis darauf, wie sich die Konjunktur in der nächsten Zeit entwickeln könnte.

Antizyklische Konjunkturpolitik

Weiteren Aufschluss, wie sich Unternehmen und Politik in den einzelnen Konjunkturzyklen verhalten sollten, gibt die Theorie von John Maynard Keynes aus den 1930er Jahren. Keynes ging davon aus, dass eine Rezession neben Arbeitslosigkeit in einer geringen Nachfrage nach Waren begründet ist. Aufgrund einer geringeren gesamtwirtschaftlichen Nachfrage stellen Unternehmen weniger Menschen ein und stellen weniger her.

Damit die Arbeitslosigkeit sinkt, muss also die Nachfrage steigen. Dann gehen auch die Investitionen nach oben, es werden neue Arbeitsplätze geschaffen und das Einkommen steigt. Dies sind die Voraussetzungen für mehr Nachfrage. Bei zu hohen Zinsen schrecken Unternehmen aber vor Investitionen zurück.

Keynes vertritt die Auffassung, dass der Staat in den einzelnen Konjunkturzyklen reagieren muss, insbesondere bei einer Rezession. Der Staat soll demnach die private Nachfrage durch mehr staatliche Nachfrage unterstützen. So sollen die Folgen eines Abschwungs abgefedert werden. Der Staat gibt beispielsweise für den Bau neuer öffentlicher Gebäude mehr Geld aus und hilft so, die Konjunktur wieder zu beleben. In der Folge steigen die Einkommen und es werden neue Arbeitsplätze geschaffen, damit die Nachfrage der privaten Haushalte wieder steigt.

In der Rezession soll die Regierung also Schulden machen und die Nachfrage beleben. Im Gegensatz sollten sie in Zeiten des Aufschwungs sparen und Schulden tilgen. Diese Form der antizyklischen Wirtschaftspolitik wurde in den 1960er und 1970er Jahren auch in Deutschland betrieben. In diese Zeit fällt auch das Stabilitätsgesetz.

Wer spürt eine Konjunktur besonders?

Ein Konjunkturzyklus kann sich auf eine gesamte Volkswirtschaft oder einzelne Aktien Branchen beziehen. In der Regel kommen Unternehmen mit einem etablierten und soliden Geschäftsmodell besonders gut durch eine wirtschaftliche Krise. Diese arbeiten oft in Branchen wie Lebensmittel oder Verbrauchsgüter, die Menschen auch in Krisenzeiten benötigen. Wer Luxusartikel anbietet, hat es in einer Tiefkonjunktur oft schwerer. Diese Branchen boomen dagegen oft während der Hochkonjunktur.

Saisonale Schwankungen und strukturelle Schwankungen sind nicht unüblich, zum Beispiel im Handel. So freut sich der Einzelhandel in der Weihnachtszeit über einen Boom. Dafür wird oft nach den Feiertagen weniger konsumiert, was dann zu sinkenden Umsätzen zu Jahresbeginn führen kann.

Private Haushalte spüren eine Rezession besonders. Die Preise steigen, die Einkommen sinken. Viele Menschen verlieren ihren Job und haben Schwierigkeiten, eine neue Anstellung zu finden. Doch es gibt auch Beispiele für einen Boom, der das Leben der Menschen nachhaltig verändert hat, beispielsweise das sogenannte „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre. Damals erfreuten sich viele Menschen in Deutschland an neuen Autos und der Chance auf Reisen, die sie sich endlich leisten konnten.

Welche Chancen und Risiken bietet eine Konjunktur

Eine Konjunkturperiode stellt auch immer eine Marktbereinigung dar. Ohnehin angeschlagene Unternehmen verschwinden vom Markt und neue, starke Unternehmen rücken nach. Sie sind die Gewinner einer schlechten wirtschaftlichen Lage. Dies betrifft oftmals Unternehmen, die sich vielleicht ohnehin bereits in einer Krise befinden. Die Konjunktur beschleunigt diese Entwicklung nur.

Ein Abschwung oder Depression stellt einen Zeitenwandel dar. Krisen sind dabei Beschleuniger des Zeitenwandels. In solchen Phasen sind innovative Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen gefragt und können ihre Stärken ausspielen. Auch neuere Technologien schaffen neue Herausforderungen und nicht jedes Unternehmen kann hier Schritt halten.

So kämpft seit Jahren beispielsweise Galeria Kaufhof mit dem Trend hin zum Onlinehandel. Auch bei TV-Sendern und Zeitungen erleben wir, dass einige den Sprung in Richtung Digitalisierung nicht schaffen. Diese Entwicklungen würden früher oder später ohnehin eintreten, werden aber durch Abschwung und Krisen wie die Corona-Pandemie beschleunigt.

Neue Herausforderungen und Technologien können daher in verschiedenen Phasen der wirtschaftlichen Entwicklung eine Chance oder ein Risiko darstellen. Schafft es ein Unternehmen, hier mit der Zeit zu gehen, ist die Chance hoch, gestärkt aus einer Krise hervorzugehen. Wer die Krise als Chance begreift und wirtschaftlich klug, beispielsweise durch Änderungen am Geschäftsmodell, reagiert, könnte nach der Krise gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil haben.

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